Wild, Wild West: Schleppendes Vorankommen in der Mongolei

Mongolia’s West is by no means the easiest place to travel without your own vehicle! But it is fun, too, and beside the exhausting bus rides there is a lot to explore and to learn. We travelled from the Chinese/Mongolia border to Khovd, further to Ölgii and reached Mörön, where we plan to stay some days at Khövsgöl Lake, Mongolia’s biggest fresh water lake, before we continue our journey towards the capital Ulan Bator.

Wir haben gehört, dass es in der Mongolei keine geteerten Strassen gibt, und haben deshalb geahnt, dass das Reisen mit den öffentlichen Verkehrsmitteln etwas schwierig werden könnte. Aber so richtig überlegt haben wir uns das eigentlich nicht.

Angefangen hat alles noch ziemlich einfach, denn die Strasse nach der Grenze war in makellosem Zustand und das Taxi stand auch schon bereit. Doch es war bereits klar, dass wir nicht mehr in China waren: Während die Chinesen an der Grenze nämlich eine flughafenähnliche Halle zur Grenzabwicklung hinstellten, wurden wir von den Mongolen in einem wohnzimmermässig eingerichteten Betonblock empfangen und mit einem Lächeln begrüsst. Wir waren erleichtert, denn so sicher, dass wir kein Visum brauchen auf dem Landweg, waren wir uns nicht, und schon gar nicht auf dieser von Touristen sehr selten benutzten Grenze. Die Visabestimmungen haben vor zwei Monaten gäendert, und jetzt geniessen wir 30 Tage freie Fahrt in der Mongolei. Auf der Taxifahrt werden wir das erste Mal bereits überwältigt von der unbeschreiblich schönen Landschaft, über welcher riesige Adler und andere Luftkünstler kreisen. Nach 40 Minuten erreichten wir Bulgan, von wo aus wir einen Bus nach Khovd, in die grösste Stadt Westmongoliens, suchten.

Mit Händen und Füssen, und unseren total bescheidenen Russisch- und Türkischkenntnissen (der Westen der Mongolei ist Kazhachisch geprägt und deshalb verstehen die Menschen hier ab und zu unsere türkischen Traveller-Sprachfetzen) haben wir dann akustisch verstanden, was wir in der Logik wohl noch lange nicht verstehen werden: Der Minivan stand zwar mitsamt Fahrer und einigen Passagieren schon bereit, aber abfahren würde er erst um fünf, also kurz vor dem Dunkel werden, und ankommen werden wir um zwei in der Nacht. Wir wussten zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass dies in der Mongolei einfach die Regel ist. Wir reservierten uns zwei Sitzplätze, und waren da halt auch noch ziemliche Mongolei-Grünschnäbel, als wir uns die hintersten zwei Plätze aussuchten. So eng, wie man normalerweise wohl höchsten für fünf Minuten Taxifahrt sitzen würde, ratterten wir neun Stunden über die Pisten in die Nacht. Es war anstrengend und zugleich etwas frustrierend, da wir in den ersten drei Stunden diese unglaublich mystische Landschaft genossen und uns dann in der schwarzen Nacht wünschten, wir könnten etwas sehen. Bei der Ankunft wussten wir mangels Verständigungsmöglichkeiten nicht einmal zu 100%, dass wir in der richtigen Stadt gelandet sind. Mit Hilfe eines Lehrers, der für uns ein Hotel suchte, fanden wir aber dann mitten in der Nacht doch noch Unterschlupf und ein warmes Bett. Übrigens: Bereits am ersten Tag fiel uns auf, dass die meisten Mongolen denken, wir seien Russen. Dass Tanja ein russischer Name ist, macht das Ganze auch nicht gerade besser.

Man kann sich unter einem regionalen Zentrum im dünnst besiedeldsten Land der Welt (eineinhalb Millionen Quadratkilometer und nur vier Millionen Einwohner) nichts Wahnsinniges vorstellen. Aber ein bisschen mehr haben wir uns schon erhofft! Wir fanden in den zwei Tagen nicht eine einzige Person, die Englisch sprach und uns helfen konnte, weiter zu kommen oder eine Tour zu organisieren. Wir mussten uns deshalb mit ein paar Spaziergängen um die Stadt herum begnügen und reisten anschliessend weiter nach Ölgii, wo wir uns mehr versprachen.

Ein weiteres Mal waren wir beeindruckt von der Ursprünglichkeit, die wir hier in der Mongolei vorfinden. Zwischen Khovd und Ölgii, zwei Zentren mit jeweils über 30’000 Einwohnern, gibt es ein paar wenige Dutzend Kilometer geteerte Strassen, ein paar Jurtenfamilien mit ihren Herden, und zwei, drei wenige Fressbuden, welche meistens mit Lammfleisch gefüllte Teigtaschen anbieten. Keine Strommasten, keine Strassenschilder, keine Siedlungen. So sehr uns diese Abgeschiedenheit auch beeindruckt, sind wir ziemlich unbefriedigt, denn wir können sie im Bus ja nicht wirklich geniessen. So langsam kam der Gedanke auf, in Ölgii nach einem Motorrad Ausschau zu halten.

In Ölgii werden wir von einer Mongolin zum Frühstück eingeladen, das wir dankend annehmen und immer schön lächeln, obwohl es uns fast den Magen umdreht. Fleischklötze und steinharte, gesalzene Butter- oder Milchstücke mit Schimmelspuren, und Milchtee. Zum Glück ging die gute Frau nach Khovd zum Einkaufen – man muss sich das mal vorstellen, nur zum Einkaufen diese anstrengende Fahrt auf sich zu nehmen! – und es gab noch eine der berühmten Khovd-Melonen (nichts Besonderes, aber immerhin). Wir suchten und fanden anschliessend ein Internetkaffee und ein Englisch sprechender Tour Guide. Leider gab uns der zu verstehen, dass eine Tour vom Westen aus ziemlich teuer werden kann, da man meistens niemanden findet, mit dem man die Kosten teilen könnte. Die Trekkings ins Altai Gebirge, welches er auch noch anbietet, kommen für uns nicht in Frage, da es in der Mongolei bereits Herbst ist und wir nicht genug gut ausgerüstet sind. Der Westen ist auch bekannt für Die Eagle Hunters – Nomaden, die mit Adler jagen. Nirgendwo sonst auf der Welt kann man diese so gut beobachten, wie hier. Jedoch startet die Jagd erst bei Wintereinbruch, und wir konnten keine Jäger bei der Arbeit beobachten. Auf der Fahrt von Khovd nach Ölgii haben wir aber einen der Adler neben einer Jurte angebunden gesehen und waren total beeindruck von dessen Grösse.

Die nächsten fünf Tagen verbrachten wir damit, uns ein Motorrad anzuschaffen. Zuerst schien alles sehr einfach: Mustang 150 heisst das chinesische Modell, im ganzen Land bekannt, ziemlich einfach gebaut und genug stabil für die mongolischen “Strassen”. Das einzige Problem war die Registrierung, was als Tourist unmöglich schien. Wir brauchten einen lokalen Bewohner, der uns die Maschinen bei der Polizei anmeldet. Doch auch das hat fast geklappt, mit Dosjan, dem Chef von Kazhak Tours (die wir wärmstens empfehlen können). Nach fünf Tagen auf dem Bazaar, wo wir alles mögliche zusammengesucht haben – von den Seitentaschen, zum Helm, zu den Stiefeln, Zelt, Isomatten, warme Jacken usw. – und ein paar Stunden beim Mechaniker, der uns nach einem feinen Zmittag einen Crash Kurs in Motorradtechnik lieferte, waren wir voller Zuversicht. In der Zwischenzeit haben wir in Ölgii auch ein paar andere Touristen gefunden, von denen wir unter anderem eine gute Landkarte und einen Kocher bekommen haben. Die Aktion fiel schliesslich ins Wasser, da unser Mittelmann kalte Füsse gekriegt hat. Der Deal wäre gewesen, dass er uns die Motorräder in Ulan Bator für die Hälfte des Preises abkauft, und ihm war das Ganze dann doch etwas zu heikel. Wir finden aber, dass das keineswegs verlorene Tage waren, denn wir haben das herzige Örtchen Ölgii lieb gewonnen und auf dem Bazaar so einiges an Geschäftlimacherei gelernt.

Auch ohne Motorrad musste die Reise irgendwie weitergehen. Wir wussten ja bereits, dass wir mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nur schleppend vorwärts kommen und wir uns wohl nur einen Bruchteil der Mongolei in 30 Tagen anschauen können. Wir entschieden uns für den Norden, und das Ziel soll ein riesiger See sein, wo man gut Fischen, Trekken und Relaxen kann. Obwohl wir durch den geplatzten Motorraddeal schon einige Leute in Ölgii kannten, fanden wir keine einzige bezahlbare Möglichkeit, auf unseren gewünschten Route weiterzureisen. Alle schlugen uns vor, den 60 Stunden (!!!) Bus nach Ulan Bator zu nehmen und von dort aus in den Norden zu reisen. Es schien, als hätte die kazhachisch geprägte Region nicht viel zu tun mit dem buddhistischen Norden. Die einzige und letzte Möglichkeit war ein Tipp eines amerikanischen Peace Corps Mitarbeiter, der meinte, dass wir möglicherweise mit einem der Holztransporter mitfahren könnten, die etwa alle zwei Wochen zwischen Mörön, unserem Zielort, und Ölgii verkehren. Der Norden der Mongolei wir nämlich dank den Wälder und Seen auch “Switzerland of Mongolia” genanng (ok, so speziell ist das nicht, denn mit einem “Switzerland” wird mittlerweile fast in jedem Land geworben), während der Westen praktisch keine Holzvorkommnisse aufweist. Leider hat auch das nicht geklappt, und so entschieden wir uns für die unbezahlbare Variante: Für 200 Dollar für nur 6 Stunden Fahrt nach Ulaangom (und wieder zurück, da unser Fahrer anscheinend unmöglich Mitfahrer auftreiben konnte), in einem privaten Bus nur für uns zwei. Für den Fahrer, den wir auf dem Bazaar aufgespürt haben, war das wohl wie Weihnachten, aber uns blieb nichts anderes übrig. Wir wurden belohnt mit unglaublich schönen Landschaftsbildern und erreichten bei Sonnenuntergang Ulaangoom, dessen Umgebung wir am nächsten Tag mit einer kleinen Wanderung erkundeten.

Für die Weiterreise nahmen wir den Bus nach Ulan Bator und stiegen in der Mitte der Fahrt aus. In der Mitte, das hiess nach ca. 20 Stunden. Wir stellten uns bereits auf eine schwierige Fahrt ein, und es wurden dann auch die mühsamsten, anstrengendsten zwei Tage unserer gesamten Reise. Wir bekamen wieder einmal die hintersten Sitze, wo wir zwar genug Platz hatten, jedoch vom Rumpeln am stärksten betroffen waren. Nachdem wir die ersten sechs Stunden auf geteerten Strassen genossen, schaukelten wir nach Sonnenuntergang wie in einem kleinen Boot auf hoher See. Ab und zu spickten mich die Schlaglöcher bis an die Decke des Busses. An Schlafen war nicht zu denken, und total übermüdet und unterkühlt erreichten wir Tosontsengel nach ungefähr 17 Stunden. Wir assen mit den Mongolen und einem russischen Grenzwächter, der mit seinen zwei Wachhunden im selben Bus war. Lammfleisch, Fett und Milchtee zum Frühstück war natürlich genau das, was wir uns jetzt wünschten, denn uns war ja eh bereits ziemlich übel von der Fahrt. Der Grenzwächter hat unsere Gesichtszüge wohl richtig interpretiert und meinte, das Fett sei gut, damit würden wir dann nicht mehr frieren. Die Mongolen lachten herzhaft, und das Lammfleisch ging dann für uns schon etwas besser runter. Die netten Mitfahrer organisierten uns die Weiterfahrt mit zwei jungen Lastwagenfahrer, die uns an eine Kreuzung brachten, an der wir Autostöppeln mussten. Auto-”stöppeln” in der Mongolei ist eher ein “mehrere Stunden auf das nächste Auto warten”. An der Kreuzung gab es eine Kantine, wo wir eine nette Mongolen-Familie auf ihrem Weg nach Ulaan Bator kennen lernten. Wir waren uns ja schon einiges an mongolischer Esskultur gewohnt, aber ich staunte dann doch nicht schlecht, als die eine Grossmutter einen ganzen Karton voll Fleisch aus dem Auto nahm, jedem ein Stück abschneidete und den Knochen dann als Löffel zum Rühren des Tees verwendete. Etwas gewöhnungsbedürftig ist das Ganze schon!

Nach nur zwei Stunden warten nahm uns ein kleines Reisegrüppchen in ihrem Minivan mit nach Mörön. Sechs Stunden sollten es sein, neun waren es. Für die letzten 90 Kilometer brauchten wir über drei Stunden, denn der Fahrer war auch das erste Mal auf dieser Route unterwegs und hat nach Sonnenuntergang mehrere Male die Orientierung verloren – kein Wunder, denn die Autos bahnen sich durch die Ebenen meistens ihre eigenen Wege und es gibt sozusagen keine Orientierungshilfen. Nach 24:00 erreichten wir Mörön und leider war dann auch noch das einzige mittelklassige Hotel mit heissen Duschen, welches wir antizipierten, voll. Die Nacht verbrachten wir in einer Absteige – und das nach über 30 Stunden auf den Buckelpisten Mongoliens.

Die heisse Dusche am nächsten Tag war unbeschreiblich wohltuend, und das gute Essen im Hotel brachte uns ziemlich schnell wieder auf die Beine. Wir besuchten den Schwarzmarkt in Mörön, wo man Second-Hand-Kleider zu einem Spottpreis findet. Stylische alte Stiefel, die den Hipsters in Zürich wohl für mehrere Hundert Franken verkauft werden könnten, findet man hier ebenso wie ziemlich gut erhaltene Wanderschuhe und Jacken aus Europa und aller Welt. Uns wurde wieder einmal bewusst, wie viele Sachen fast unbenutzt in die Altkleidersammlung geworfen werden müssen, um hier hin zu gelangen. Immerhin werden sie hier gebraucht, denn allmählich wird es so richtig kalt. Trotz der kalten Brise werden wir die nächsten Tage am grossen Khövsgöl See verbringen, bevor wir dann bereits die nächste Reise in Richtung Ulaan Bator antreten werden.

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